Artikel | 08/27/2019 06:00:00 | 7 min Lesezeit

Erneuerbare Kunststoffe – eine zukunftsweisende Lösung

Erneuerbare Kunststoffe auf Biobasis bieten den Komfort herkömmlicher Kunststoffe mit einer deutlich geringeren CO2-Bilanz.

Die Verwendung von Kunststoff wird sich in den nächsten 20 Jahren voraussichtlich verdoppeln. Diese Zunahme wird insbesondere auf das Wachstum der Bevölkerung und höhere Lebensstandards in China, Indien und Afrika zurückzuführen sein. In den  entwickelten Märkten hat sich der jährliche Pro­Kopf­Verbrauch von Kunststoffen inzwischen bei ungefähr 80 kg eingependelt. Etwa ein Viertel dieses Volumens entfällt auf die Verpackung. In wachstumsstarken Entwicklungsländern liegt der Gesamtwert gegenwärtig bei 10 bis 20 kg.

Der erste Schritt zur Lösung des globalen Problems der Kunststoff abfälle ist der Aufbau einer geeigneten Recycling­Infrastruktur, so Vesa Kärhä, CEO des finnischen Verbands der Kunststoffindustrie. Darüber hinaus besteht beim Abfall management, bei der Grundeinstellung sowie bei der sorgfältigen Umsetzung bestehender Gesetze noch viel Handlungsbedarf.

Trotz fehlender effizienter Recycling­Systeme ist Kunststoff weiterhin erforderlich. Er unterstützt das rasante Wachstum städtischer Bevölkerungen unter anderem in Form von Lebensmittelverpackungen und bei der medizinischen Versorgung. Die unnötige Verwendung von Kunststoff sollte drastisch reduziert werden. Auch Recycling­Lösungen erfordern dringend Aufmerksamkeit. Zusätzlich muss Kunststoff aber auch nachhaltiger hergestellt wer­den. Eine Lösung ist UPM BioVerno Naphtha – ein erneuerbarer Kunststoff­Rohstoff, erzeugt aus den Herstellungs­rückständen von Zellstoff.

Innovation auf Pflanzenbasis

Erneuerbarer Kunststoff wird nicht aus fossilen Rohstoffen hergestellt, sondern aus Pflanzen oder anderen biologischen Materialien. Wenn er zerfällt, wird der Atmosphäre weniger Kohlen stoff zugeführt, weil er lediglich Kohlen stoff zurückführt, den Pflanzen beim Wachsen absorbiert haben, anstatt unterirdisch als Öl eingeschlossenen Kohlenstoff freizusetzen.

Der Kohlenstoff in  erneuerbarem Kunststoff kann außerdem zu neuem Kunststoff recycelt oder bei der Produktion erneuerbarer Energien eingesetzt werden. Erneuerbarer Kunststoff kann das Abfallproblem nur lösen, wenn auch effiziente Recycling­Systeme eingeführt werden. Er trägt jedoch maßgeblich dazu bei, das Kernproblem zu bewältigen, weil fossile Rohstoffe ersetzt werden und damit der Ausstoß von Treibhausgasen sinkt.

„Wir produzieren bereits erneuerbares UPM BioVerno Naphtha und arbeiten dazu an neuen, vollständig auf Fasern basierenden Lösungen, die Kunststoff ersetzen können. Alle neuen, nachhaltigen Alternativen sind bei der Lösung dieses globalen Problems willkommen“, sagt Maiju Helin, Head of Sustainability and Market Development bei UPM Biofuels.

UPM BioVerno Naphtha kann als Rohstoff zur Herstellung von Kunststoff auf Biobasis  verwendet  werden – allein oder als vollwertige Lösung in Verbindung mit anderen  Roh stoffen. Immer mehr Kunst stoffe  werden aus Bioabfällen aus der Lebensmittelindustrie und der Zuckerrohrproduktion erzeugt. Er neuer bare und biologisch abbaubare Kunst stoffe machten im Jahr jedoch 2018 nur 1 % des weltweiten Kunststoffmarkts aus.

Es mag einige Leser überraschen, aber auch ölbasierter Kunststoff kann biologisch abbaubar sein. „Die biologische Abbaubarkeit ist in Anwendungsbereichen wie Land wirtschaft und Gesundheits technik  großartig, löst aber nicht das Müllproblem“, stellt Kärhä klar.

Kärhä lobt Kunststoffe auf Pflanzenbasis als gute Lösung. Sie können nahtlos in vorhandene Prozesse integriert werden: Ihrer Implementierung steht relativ wenig im Weg.

„BioVerno und ähnliche Rohstoffe fördern die verantwortungsvolle Verwendung von Kunststoffen auf intelligente Weise. Diese Lösungen produzieren „normalen“ Kunststoff, Polyethylen auf biologischer Basis, das keine Änderungen an bestehenden Verpackungslösungen oder Lebensmittelgesetzen erfordert. Es handelt sich um genau denselben Rohstoff, nur wird er ohne Erdgas oder Erdöl hergestellt. Dies ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer verantwortungsvollen Kunststoffherstellung“, so Kärhä.

Leben ohne Verpackung?

Einwegprodukte aus Kunststoff spielen bei der Haltbarmachung von Produkten eine wichtige Rolle. Schlecht konzipierte Verpackungen und Lebensmittelabfälle verursachen erhebliche CO2­Emissionen. Die Weltbevölkerung wird bis 2050 auf etwa 10 Milliarden ansteigen. Die Ressourceneffizienz bei der Lebensmittelproduktion und ­verpackung ist daher von großer Bedeutung.

„Es ist wichtig, dass alle Lebensmittel, die wir herstellen, auch verzehrt  werden. Leider werden Lebensmittel nicht in großen Bevölkerungszentren hergestellt. Sie müssen vielmehr dorthin gebracht werden, wo die Menschen leben – in großen Städten. Deshalb brauchen wir Ver packungen“, erklärt Hanna Koivula, Dozent für Verpackungstechnologie an der Universität Helsinki.

„Die Verpackung bewahrt die Nährstoffe und stellt sicher, dass das Produkt am Bestimmungsort frisch ankommt. Der Prozess muss möglichst effizient sein und künftige Herausforde rungen berücksichtigen, fügt Koivula hinzu.

Die Popularität von Kunststoff ist  aufgrund seiner Eigenschaften  ungebrochen. Er ist haltbar, kostengünstig und kann in jede Form gebracht werden. Obwohl immer mehr auf Fasern basierende Alternativen entwickelt werden, können sie noch nicht mit der Leistung herkömmlicher Kunststoffe mithalten.

Milchkartons direkt aus dem Wald

Das beste Endergebnis wird oft durch fachübergreifende Zusammenarbeit erreicht. Im Februar startete UPM Biofuels ein gemeinsames Projekt mit dem Molkereiunternehmen Arla, dem Verpackungsunternehmen Elopak und dem Chemieproduzenten Dow. Im Rahmen des Projekts liefert UPM sein UPM BioVerno Naphtha auf Holzbasis an Dow, wo es zu Kunst stoffgranulat veredelt wird. Das norwegische Unternehmen Elopak, das  Verpackungen für Arla herstellt, verwendet dieses Granulat anstelle fossiler Rohstoffe.

„Dies ist ein beeindruckendes, branchenübergreifendes Projekt: Jede Tonne Kunststoff, der aus UPM BioVerno Naphtha hergestellt wird, ersetzt eine Tonne Kunststoff, der aus fossilen, nicht erneuerbaren Rohstoffen hergestellt wird“, erklärt Helin.

Das Naphtha wird aus Rohtallöl hergestellt, das als Nebenprodukt bei der Zellstoffherstellung anfällt. In der ersten Phase wird es fossile Kunststoff Rohstoffe ersetzen, deren Wert – ausgehend von der Massenbilanzder Kunststoffbeschichtung von 40 Millionen Kartons entspricht. Der in den Molkereikartons von Arla verwendete Kunststoff auf Holzbasis reduziert den Bedarf an fossilen Kunststoffen um circa 180.000 kg pro Jahr, was  ungefähr 700.000 Kunststoffeimern  entspricht. Gleichzeitig wird die CO2­Bilanz der Verpackung um ein Fünftel verringert.

„Die für flüssige Produkte wie Milch verwendeten Kartons benötigen eine Kunststoffschicht, um die Produktsicherheit und ­ haltbarkeit zu gewährleisten. Wir wollten eine Lösung anbieten, die  ausschließlich aus dem Wald stammt und bei der sowohl für den Karton als auch die für Kunststoffbeschichtung Rohstoffe auf Holzbasis verwendet werden. Die neue Verpackung kann wie gewohnt zusammen mit Pappe recycelt werden, so Juha Oksanen, Managing Director bei Elopak Finnland.

Die gesamte Rohstoffkette von UPM BioVerno ist zertifiziert, und ihre CO2­Bilanz wurde überprüft. „Das Holz stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern, der Betrieb der Bioindustrie ist zertifiziert, und die Klimavorteile  wurden von Elopak in Übereinstimmung mit dem ISCC­Standard verifiziert“, führt Helin aus.

„Der Rohstoff ist ein Reststoff der Forstindustrie und wird aus Wäldern in der Nähe bezogen. Durch die Umstellung auf erneuerbaren Kunststoff wird die CO2­Bilanz der Verpackung um circa 20 % reduziert“, fasst Oksanen zusammen. Die weltweit ersten Milchkartons, die mit erneuerbarem Kunststoff auf Holzbasis beschichtet sind, sind seit Februar in finnischen Läden erhältlich.

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Text: Saara Töyssy

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